Das Trill-Problem
Allgemein gilt unter Fans die Metamorphose der Klingonen (Star Trek Weekly 40/01) von der Originalserie zum ersten Star Trek Kinofilm als das größte klassische Kontinuitätsproblem. Darüber wird oft eine Spezies vergessen, die eine noch viel weitergehende Verwandlung durchgemacht hat, nämlich die Trills.
Die Trills tauchten zuerst in TNG: "Odan, der Sonderbotschafter" auf. Beverly Crusher verliebte sich während einer diplomatischen Mission nach Peliar Zel in ebendiesen Botschafter, ohne zu ahnen, daß seine äußere Form nur ein Wirtskörper war, der den eigentlichen Odan als Symbionten beherbergte. Den Produzenten von Deep Space Nine haben die Trills offensichtlich so gut gefallen, daß sie sie in Form des Charakters von Jadzia Dax in die Serie übernahmen. Was eigentlich eine schönen Zusammenhang zwischen den beiden Serien hätte herstellen können, entwickelte sich jedoch zu einer totalen Kontinuitäts-Katastrophe. Außer der bloßen Tatsache, daß sie beide eine vereinte Spezies sind, haben die TNG- und die DS9-Trills rein gar nichts gemeinsam.
Vergleicht man die biologischen und anderen Charakteristika der dank Jadzia und Ezri weit bekannteren DS9-Trills mit dem, was in der TNG-Folge "Botschafter Odan" gezeigt wurde, fallen zahlreiche signifikate Unterschiede auf:
- Die Trill-Wirte in TNG: "Botschafter Odan", nämlich Odan und der am Ende gezeigte weibliche Wirtskörper, sehen mit ihren betonten Stirnknochen völlig anders aus als die gefleckten DS9-Trills. Es ist weder ein TNG-Trill jemals in DS9 aufgetreten, noch gibt es irgendeinen Hinweis, daß mehr als ein Typ von Wirtskörpern existiert, zumal die Symbiose rein evolutionär tausende von Jahren zurückreichen muß. Es erscheint extrem unwahrscheinlich, daß es auf ein und demselben Planeten zwei humanoide Spezies geben soll, von denen beide geeignet und auch bereit sein würden, sich mit einer weiteren intelligenten Art des Planeten, nämlich den Symbionten, zu verbinden. Seltsam mutet auch an, daß die DS9-Trills genau das gleiche Fleckenmuster aufweisen wie die Kriosianer aus TNG: "Eine hoffnungslose Romanze". Dieser Zufall bleibt unerklärt. Außerdem scheinen alle zahlreichen DS9-Trills braune Haare zu haben, während der weibliche Trill aus "Botschafter Odan" blond war.
- Der Symbiont in der TNG-Episode sah ähnlich, aber nicht genauso wie in DS9 aus, wo er in "Der Abgesandte" und "Der Symbiont" zu sehen war. Man würde nicht erwarten, daß eine Lebensform, die nur im Innern eines Wirtskörpers überleben kann und die normalerweise niemand zu Gesicht bekommt, in verschiedenen äußeren Formen existiert. Es gibt auch keinen Hinweis darauf, ob vielleicht ein "kleiner Unterschied" zwischen weiblichen und männlichen Symbionten besteht.
- Was die Natur der Symbiose anbetrifft, erfahren wir in der TNG-Folge, daß der Symbiont den Körper und den Verstand des Wirtskörpers völlig kontrolliert. Botschafter Odan, der sich in Beverly verliebt, ist immer nur der Symbiont, während sein Wirtskörper mehr als einmal wechselt. Dies wird auf unangenehme Weise klar, als Odan nach dem Tod des vorhergehenden Wirts Rikers Körper übernimmt und einfach seine Beziehung mit Beverly fortsetzen will. Rikers Persönlichkeit ist während dieser Zeit praktisch nicht vorhanden, wird aber glücklicherweise auch nicht permanent ausgelöscht. Auch als Odan am Ende einen weiblichen Körper übernimmt, möchte Odan nicht von Bev ablassen. Der TNG-Trill unterdrückt seinen Wirtskörper in so einem starken Maße, daß man sich fragt, warum Humanoide sich freiwillig als Wirte anbieten. Diese Frage bleibt ungeklärt. Im Gegensatz dazu könnten die DS9 Trills kaum unterschiedlicher sein. Sobald der Symbiont in den Wirtskörper eingepflanzt ist, formen die beiden eine neue Person. Diese Person schließt die Erinnerungen und die Charakteristika nicht nur des Symbionten und des gegenwärtigen Wirts mit ein, sondern auch die aller vorherigen Wirte. Auf diese Weise verliert der neue Wirt nicht seine Persönlichkeit, sondern kann sie sogar in einem gewissen Sinne erweitern. Dies erklärt natürlich auch, warum sich so viele DS9-Trills um die wenigen Symbionten bewerben. Die Natur der DS9-Trills spielt eine entscheidende Rolle in DS9: "Der Fall Dax", wo Jadzia des Mordes an General Tandro angeklagt wird. Sisko, der sie verteidigt, argumentiert, daß nicht Jadzia, die junge Frau, angeklagt werden müsse, sondern Curzon, der zur Zeit des Mordes den Dax-Symbionten beherbergte. Wenn sich Curzon als schuldig herausstellen sollte, dann habe das Gericht nicht das Recht, Jadzia dafür zur Verantwortung zu ziehen, denn schließlich sei sie eine andere Person. Genau dies könnte Sisko von den TNG-Trills nicht behaupten, die darauf bestehen, daß sich mit dem Wirtswechsel eigentlich gar nichts ändert.
- In TNG ist der Name des Symbionten einfach Odan. Anders als die DS9-Trills hat er keinen Vornamen, der den Wirtskörper bezeichnen würde. Andernfalls würde Beverly, die immerhin in ihn verliebt ist, ihn definitiv mit dem (scheinbaren) Vornamen anreden. Zudem behauptet Odan, um keine komplizierten Erklärungen machen zu müssen, zu Anfang, er sei der Sohn des Botschafters Odan, der die streitenden Parteien von Peliar Zel vor Jahren besucht habe. Dabei würde er definitiv seinen Vornamen bzw. den Namen des Wirts nennen, um diese Behauptung zu untermauern. Daher können wir sicher sein, daß TNG-Trills keinen Wirtsnamen haben, was sich mit der Tatsache deckt, daß die TNG-Symbionten die Wirte total unterdrücken.
- Wir wissen nicht, warum Odan nicht gebeamt werden kann, jedoch entsteht der Eindruck, dies sei eine generelle Eigenart der TNG-Trills. Jadzia, Ezri und mehrere andere DS9-Trills haben hingegen keine Probleme damit.
- In TNG ist es anscheinend kein Problem, den Symbionten in einen anderen Körper zu verpflanzen, obwohl Beverly eine solche Operation zum ersten Mal durchführt und es gar nicht klar ist, ob ein menschlicher Wirt, nämlich Riker, überhaupt kompatibel ist. Außerdem ist es möglich, den Symbionten einzusetzen und dann wieder zu entfernen, ohne daß der Wirt geschädigt wird. In DS9 gibt es dagegen ein Zeitlimit von 93 Stunden, innerhalb derer die Sybiose endgültig wird. Wenn der Symbiont nach dieser Zeit wieder entfernt wird, stirbt der Wirt mit hoher Wahrscheinlichkeit, da seine Physiologie vom Symbionten abhängig geworden ist. Jadzia Dax hat nur Glück, daß sich Julian in der Folge DS9: "Der Symbiont" so liebevoll um sie kümmert, nachdem der Symbiont entfernt worden ist.
- Beverly ist eine der am höchsten qualifizierten Ärztinnen der Sternenflotte, wie in der Serie immer gern betont wird. Müssen wir diese unsere Meinung von ihr revidieren? Sie hat überhaupt kein medizinisches Wissen über die Trills. Tatsächlich erschrickt sie gehörig, als sie entdeckt, daß ein "Parasit" in Odans Körper ist, und sie ist mehr als überrascht zu hören, daß ebendieser "Parasit" der eigentliche Odan sein soll. Auch Picard und Deanna haben keinen blassen Schimmer davon, wer oder was die Trills eigentlich sind. Sie stellen einmütig fest, daß die Föderation sehr wenig von ihnen weiß. Dies macht es Odan sehr leicht, seine wahre Natur zu verschleiern und zu behaupten, er sei der Sohn des früheren Odan. Völlig anders stellt es sich in DS9 dar. Curzon Dax war schon viele Jahrzehnte lang im Dienste der Föderation. Es ist absurd, daß Ben Sisko der einzige Mensch sein sollte, der über dessen Physiologie informiert wäre. Schließlich ist DS9-Trill definitiv ein Mitglied der Föderation und TNG-Trill definitiv nicht. Von der völlig unbekannten Rasse zum Vollmitglied in zwei Jahren (von der Folge "Botschafter Odan" bis zum Beginn von DS9)? Extrem unwahrscheinlich.
- Nachdem Odan in einen neuen weiblichen Wirt eingepflanzt worden ist, hat er überhaupt kein Problem damit, seine Beziehung mit Bev wieder aufzunehmen. Genau dies ist andererseits streng verboten für DS9-Trills, die unter keinen Umständen eine Beziehung des früheren Wirts fortsetzen dürfen (DS9: "Wiedervereinigt").
Unter all diesen Gesichtspunkten besteht absolut keine Möglichkeit, daß es sich bei TNG-Trills und DS9-Trills um dieselbe Spezies handeln könnte. Auf der anderen Seite macht es aber auch keinen Sinn, daß zwei verschiedene Rassen, nur weil sie die Lebensweise der Symbiose gemeinsam haben, den gleichen Namen haben sollten. Die Übernahme des Names für DS9 war sicher gutgemeint, führte aber zu furchtbar schlechter Kontinuität. Bei der Konzeption von DS9 hätten die Verantwortlichen besser den DS-Trills einen neuen Namen gegeben. Dies hätte die meisten der obigen Probleme lösen können. Lediglich Beverlys Erstaunen, als sie offensichtlich zum ersten Mal einer vereinten Spezies begegnete, hätte noch im Widerspruch zu der Vertrautheit mit der Symbiose in DS9 gestanden.
Mehr (und aktueller) in der englischen Version
The Trill Problem - how much they really changed from TNG: "The Host" to DS9